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Notaufnahmen der Kliniken überlastet und unterfinanziert

Berlin. "Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sind vielerorts stark überlastet und absolut unterfinanziert. Sie werden immer stärker zum Lückenbüßer für die eigentlich zuständigen Bereitschaftsdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und dabei durch die Vergütungsregelungen der KVen und Krankenkassen sowie einen 10-prozentigen gesetzlichen Investitionsabschlag auch noch diskriminiert." Das erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, anlässlich der Veröffentlichung eines Gutachtens zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus.
Dem Gutachten zufolge stehen einem durchschnittlichen Erlös von 32 Euro pro ambulantem Notfall Fallkosten von mehr als 120 Euro gegenüber. Mehr als 10 Millionen ambulante Notfälle mit einem Fehlbetrag von 88 Euro pro Fall führten zu 1 Milliarde Euro nicht gedeckter Kosten.


Das „Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus – Fallkostenkalkulation und Strukturanalyse“ hat die DKG in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) bei der Management Consult Kestermann GmbH (MCK) im Juni 2014 beauftragt. Im Rahmen einer aufwendigen Kalkulation haben 55 Krankenhäuser für insgesamt 612.070 ambulante Notfälle fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten bereitgestellt. Durch die Verbindung der ökonomischen Aspekte mit der Versorgungsrealität gibt es damit eine sehr valide, datenbasierte Diskussionsgrundlage für die dringend notwendige Weiterentwicklung der ambulanten Notfallversorgung.
Baum verwies darauf, dass die ambulante Notfallversorgung schon lange nicht mehr durch die KVen sichergestellt wird, obwohl diese dafür zuständig sind. Selbst dort, wo Notfalldienste von den KVen organisiert seien, gingen die Patienten in die Ambulanzen der Krankenhäuser. Die Auswertung der Behandlungsfälle zeige, dass ein Drittel der Patienten von niedergelassenen Ärzten versorgt werden könnte. Viele Patienten suchten die Notaufnahmen der Krankenhäuser auf, weil im vertragsärztlichen Bereich kein geeignetes oder ausreichendes Versorgungsangebot für Notfälle vorhanden sei.
Für die unverzichtbare ambulante Notfallversorgung im Krankenhaus müsse eine geeignete Vergütung geschaffen werden, die den Behandlungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Kostenstrukturen der Krankenhäuser Rechnung trage, forderte der DKG-Hauptgeschäftsführer. Das Gutachten mache deutlich, dass die für die niedergelassenen Ärzte entwickelte Notfallvergütung nicht für die kostenintensiven Vorhaltungen und Leistungen der Krankenhäuser geeignet seien.
Es werde höchste Zeit, dass das Mandat zur Regelung der Rahmenbedingungen einschließlich der Vergütungen für die ambulante Notfallversorgung durch Krankenhäuser auf diese übergehe. Die in den Eckpunkten für die Krankenhausreform vorgesehene Aufforderung an die KVen zu mehr Kooperation mit den Krankenhäusern reiche nicht aus. Auch der 10-prozentige Investitionsabschlag, den die Krankenhäuser von den Vergütungen hinzunehmen haben, obwohl die Länder nicht ausreichend Investitionsmittel bereitstellen, müsse abgeschafft werden.
Dr. Timo Schöpke, Generalsekretär der DGINA, erklärte, die finanzielle Belastung für Krankenhäuser werde in den kommenden Jahren weiter steigen. Er bezweifelte, dass künftig ausreichend Krankenhäuser unter diesen Bedingungen in der Lage sein würden, eine hochwertige Notfallversorgung aufrecht zu erhalten.
Die Reaktion des Spitzenverbandes der Krankenkassen auf die Studie kam vom Pressesprecher Florian Lanz, der erklärte: „Wir erwarten, dass die Krankenhäuser bei einem sich ändernden Behandlungsbedarf ihr Leistungsangebot den Bedürfnissen der Patienten anpassen und nicht einfach nur nach mehr Geld rufen“.
Das wiederum rief die Bürgerinitiative Gesundheit auf den Plan, von der die Reaktion der Krankenkassen auf die bundesweiten Hilferufe der Notaufnahmen in den Kliniken als Zynismus bezeichnet wurde. Es stelle sich die Frage, so die Initiative, warum wieder einmal Kliniken und niedergelassene Ärzte für Verfehlungen der Gesundheitspolitik und der Ignoranz der Krankenkassen in „Sippenhaft genommen“ würden.





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