Hamburg. Der 119. Deutsche Ärztetag hat in seiner gesundheits- und sozialpolitischen Generalaussprache in Hamburg den Leitantrag des Bundesärztekammer-Vorstands angenommen. In der Entschließung wird u.a. betont, dass Überregulierung, ein über Jahre forcierter Preiswettbewerb und die damit einhergehende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens das Selbstverständnis ärztlicher Berufsausübung zunehmend in Frage stellten. Dabei müssten medizinische Orientierung und ökonomisches Verantwortungsbewusstsein keinen Gegensatzsein. Voraussetzung aber sei, dass Gewinnmaximierung niemals Vorrang haben dürfe vor ärztlich wohl begründeten Entscheidungen.
Kritisiert wird, dass trotz wachsenden Finanzierungsbedarfs die Bundesländer ihren Investitionsverpflichtungen seit Jahren nicht nachkommen. Das gehe zu Lasten der Patienten. Gefordert werden klare und einklagbare Verpflichtungen der Länder für Krankenhausinvestitionen. Notwendig sei eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern über zusätzlich mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr.
Die Bundesländer werden aufgefordert, mindestens 1.000 weitere Studienplätze in der Humanmedizin zu schaffen. Der Ausbau der Kapazitäten müsse von einer Aufstockung der Lehrmittel für die Fakultäten flankiert werden. Zudem müssten bei der Auswahl der Studierenden neben der Abiturnote Kriterien wie psychosoziale Kompetenzen, soziales Engagement oder einschlägige Berufserfahrung stärker berücksichtigt werden.
Die Substitution ärztlicher Tätigkeit, insbesondere für Indikationsstellung, Diagnostik und Therapie, wird abgelehnt.
Von der Europäischen Kommission fordert der Ärztetag verbindliche Zusagen, dass Gesundheitsdienstleistungen, -standards und -leitlinien aus den Verhandlungen herausgehalten werden. Internationale Abkommen dürften weder die Kompetenz der Mitgliedstaaten infrage stellen, ihre Gesundheitssysteme zu gestalten, noch dürften sie deren Strukturprinzipien aufheben.
Eine Bürgerversicherung wird abgelehnt. Der Systemwettbewerb zwischen GKV und PKV sorge dagegen für ein hohes Leistungsniveau auch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Beide Systeme seien zu stärken und dort, wo es notwendig ist, an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen.